3. Ich bin Trainerin und Coach

Diese Situation werde ich nie vergessen - auch, wenn ich mehr als 100 Jahre alt werde ;-)

Ich hatte einen Termin mit dem Klassenvorstand meiner Tochter in der HAK - der übrigens alle 5 Jahre mein Deutschprofessor war, als ich ebendort die Schule besuchte. Im Gespräche fragte er mich, was ich von Beruf sei - und ich erwiderte wahrheitsgemäß ==> Trainerin.


Er lehnte sich zurück - musterte mich von oben bis unten - und wieder zurück - mehrmals - blickte mir dann ganz ernst und streng ins Auge und meinte "Nein - DU nicht - alle anderen aus deiner Klasse - alle anderen von deinem Jahrgang - aber DU nicht".

Wie kam er dazu, mir derartiges an den Kopf zu werfen - was ich übrigens als eins der größten Komplimente in meinem bisherigen Leben ansehe ;-)

Wie schon erwähnt - er war Deutschprofessor als ich die Schule besucht - und ich war damals absolut schüchtern und traute mir selbst nichts zu - im wahrsten Sinne des Wortes - nichts. Klar, kam das aus dem Elternhaus - weil ich war mehr als überbehütet und durfte eigentlich nichts tun.

Als ich einmal mit SchulkollegInnen - ich glaub, wir waren 16 - oder sogar schon 17 - eine kleine Radtour machten, fuhr mein Vater mit dem Auto hinterher, weil "es hätte ja was passieren können" - nein, nicht im Strassenverkehr - aber es waren Jungs mit - und - ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Auf der anderen Seite begleitete mich mein Großvater jahrzehntelang - naja, mir kams zumindest so vor - in der Früh zum Zug - und führte meine Schultasche auf dem Rad mit - wie gerne wäre ich mit den anderen die Abkürzung über die Geleise gerannt, damit ich später aufstehen hätte können.

Und und und

Deutsch - Referate - wenn dieses Wort fiel - O-Ton mein damaliger Professor - war ich mit meinen 1,74 m in der ersten Reihe sitzend, auf einmal unsichtbar. Ich hasste das - ich war immer in der letzten Gruppe - und ich starb bis dahin - meist wochenlang - bekam alle Krankheiten - Referate waren eine Strafe für mich.

Warum schreib ich das?

Weil ich viele kenne, die es nicht glauben, dass sie aus einem derartigen Zustand raus kommen könnten - und ich bin das lebende Beispiel dafür, was alles möglich ist - und wenns ich kann - könnens viele andere auch - davon bin ich überzeugt.

Wie kam es dazu?

Ende 1992 oder Anfang 1993 fragte mich ein Bekannter, ob ich nicht dran denken würde, EDV-Seminare zu halten, weil ich immer alles so gut erklärte - und ich fragte ihn, obs ihm noch gut gehen würde - ich und Seminare - das ist so undenkbar wie nur irgendwas.

Im Frühjahr 1993 war ich auf mehreren Seminaren in St. Pölten - immer bei der gleichen Trainerin - eins war ein Einsteigerseminar, wo ich einige der Inhalte zwar schon konnte, aber ich hatte es mir selbst angeeignet und wollte es mal "richtig lernen".

Das bedeutete aber auch, dass bei den Teilen, die mir schon seit geraumer Zeit geläufig waren, ich mich auch mal umdrehte zu meinen NachbarInnen - und denen dabei half, wenn sie etwas nicht fanden.

Und Mitte 1993 "passierte" es - genau diese Trainerin rief mich an und fragte mich, ob ich nicht schon mal daran gedacht habe, als Trainerin zu arbeiten, weil ich war ihr aufgefallen, dass ich - als Teilnehmerin - kein Problem damit hatte, anderen zu helfen - und sie könnte sich vorstellen, dass ich auch ne gut Trainerin werden könnte.

Ich habs zwar netter formuliert - also die Erklärung nach dem - NEIN - doch sie ließ nicht locker. Sie habe ein Problem, weil am Montag beginne eine Trainerschulung - und sie bräuchte eine TeilnehmerInnenzahl, welche durch 3 teilbar sei - und heute seien ihr 2 ausgefallen, jetzt fehlt ihr mindestens eine Person.

Und sie machte mir ein Angebot, dem ich nicht widerstehen konnte - wenn ich teilnehme - und es gefiel mir - und ich würde danach bei ihr fallweise als Trainerin arbeiten - dann würde sie mir bei den ersten Seminaren, die ich halte, einen gewissen Betrag abziehen - und wenn es mir nicht gefällt, bräuchte ich gar nichts zahlen.

Also DEM Angebot konnte ich nicht widerstehen - irgendwas würde sicher dabei sein, was ich mir rausnehmen konnte - und ich machte Unmögliches möglich und nahm daran teil. Bereits am 1. Nachmittag war ich so weit, dass ich den Trainer töte.

Wir sollten zu Dritt etwas ausarbeiten und dann vortragen - ich half fleissig bei der Vorbereitung - und die anderen beiden erklärten sich bereit, die Präsentation zu halten - alles lief hervorragend - bis zu dem Zeitpunkt, wo der Trainer meinte - und jetzt macht uns ChrisTina noch eine kurze Zusammenfassung.

Ich gestehe, ich weiß nicht, wie er das überlebt hat - ich lehnte ab - er ließ nicht locker - quälte mich so lange, bis ich aufstand und eine Zusammenfassung hielt - aus dem Stegreif - ohne zu sterben - also ich ;-)

Bis zum Ende der Woche war er mein grosses Vorbild - und ich bewunderte ihn, überlegte, ob es wohl möglich wäre, dass ich das auch mal alles können könnte.

Bei der Supervision im Herbst wurde mir dann klar, dass wir uns sehr ähnlich waren - und er genau wusste, welche Knöpfe er drücken müsste, dass ich auszucke - aber letztendlich genau das mach(t)e, was seine Aufgabe war - mich aus der Reserve locken.

Wenn er mich damals nicht "genötigt" hätte, wäre ich sicher nie Trainerin geworden - aber er wusste genau, welches Potential da noch in mir schlummerte - und er hat es raus gekitzelt - hat mich wach geküsst und mir eine neue Chance offenbart.

Erinnert mich auch noch an den Rhetoriktrainer im gleichen Institut - bei dem ich auch eine ganze Seminarreihe besuchte - auch er war so unbeschreiblich gut - und vor allem eines - authentisch - war der andere übrigens auch - beide in keinster Weise irgendwie gekünstelt - das faszinierte mich - bei beiden.

Jahre nach der Rhetorik-Seminarreihe besuchte ich ein weiteres Seminar bei ihm - und er schaute mich an und meinte - "woow, ich hätte dich nicht mehr erkannt. Du hast dich voll verändert" - doch das war damals noch gar nichts ;-)


2000 begann ich in dem Schulungsinstitut als Trainerin - und nach einiger Zeit traf ich auch den Rhetoriktrainer ebendort - und ich sprach ihn an - wir tranken einen Kaffee - und er war hin und weg - weil sein größter Traum war immer - ein Buch zu schreiben - und ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits 4 veröffentlicht.

Seither winkt er mir schon von Weitem, wenn er mich wo sieht - und stellt mich seinen TeilnehmerInnen als seine Freundin vor, von der er schon viel gelernt hat - ich bin immer wieder aufs Neue verwundert, wie sich mein ganzes Leben von Grund auf verändert hat - und wie es sich auch noch weiter verändert.

"Nein - DU nicht" - dieser Satz begleitet mich seit Jahren - ich denke jedes Mal dran, wenn ich vor über 50 Menschen improvisieren muss - oder vor über 100 Menschen ein Impulsreferat halte - ICH nicht - alle anderen aus meiner Klasse - aus unserem Jahrgang - aber ICH nicht - doch - grad ICH.

Und falls du ein ähnliches Thema hast - und es ändern möchtest - ich bin überzeugt, JEDE und JEDER kann VIELES in ihrem/seinen Leben ver.ändern - aber eines ist auch ganz wichtig - man muss wissen, in welche Richtung man gehen möchte.

Man kann diese Richtung durchaus auch wieder ändern - wenn es die Umstände bedingen - aber jeder Mensch hat ein grosses Endziel - das ist meine persönliche Überzeugung - und dazu stehe ich auch - ich will Menschen dabei unterstützen, zu ihrer vollen Pracht zu erblühen.

Ich will und werde - und tue es schon seit Jahren - Menschen auf ihren Weg zu sich selbst zu begleiten - mit unterschiedlichsten Methoden und Techniken - und ich werde genau das in Zukunft wieder mehr in den Mittelpunkt meines Interesses rücken.

Im Prinzip tu ichs ja auch bei meinem unselbständigen Vollzeitjob - aber dort kommen die TeilnehmerInnen selten bis nie freiwillig - aber ich will wieder mehr mit jenen arbeiten, die wirklich wollen - die sich verändern und ent.wickeln wollen.



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