Erinnerungen

Vorige Woche Mittwoch war ich im Spital und hab vom Gericht die medizinische Sachwalterschaft für den nötigen Eingriff nach dem Schlaganfall meiner Mutter übernommen. Vorgeschichte - sie war am 11.3.2014 mit Verdacht auf Schlaganfall ins Spital eingeliefert worden.

Bald schon stellte sich raus, dass sie nicht schlucken kann und man begann, sie mit einer Nasensonde künstlich zu ernähren. Nachdem sich ihr Zustand aber nicht wirklich besserte - die linke Seite scheint gelähmt zu sein - wurde die Möglichkeit einer direkten Magensonde angedacht, wo aber das Problem besteht, dass dafür die Patientin zustimmen muss.


Nachdem sie sich weder artikulieren kann, geschweige denn unterschreiben - hat mich vor 2 Wochen am Montag das Spital gefragt, ob ich das für sie erledigen könnte - und hat daraufhin das Bezirksgericht verständigt, damit die jemanden schicken, der mit mir das abhandelt.

Mittwoch, 26.2.2014 traf ich mich nun mit der Richterin im Spitalszimmer und übernahm die Verantwortung für diesen Eingriff und die unmittelbar daraus resultierenden Eventualtiäten, d.h., sollte in den nächsten 5-6 Wochen irgendwas zusätzliches nötig sein, bin auch ich die, die entscheidet.

Soweit die Fakten - für mich war das selbstverständlich, dass ich das mache - hatte ich doch auch vor 3 Jahren schon die EntScheidung unterstützt und umgesetzt, dass mein Vater eine 24-Stunden-Hilfe bekommt um nicht ins Heim zu müssen.

Meine Mutter wurde damals im Spital vor die Wahl gestellt - Heim oder 24-Stunden-Hilfe - also für meinen Vater - sie schloss zwar Heim kategorisch aus - aber wusste auch nicht, wie sie die Alternative umsetzen hätte können - also hab ich 2 Wochen "in die Hände gespuckt" - und "sein" Zimmer ausgeräumt - mit der Option, wenns ihm wieder besser ginge, ich alles retour führen würde.

Er kam an einem Freitag heim - ich besuchte ihn am Samstag - am Sonntag starb er - bevor die 24-Stunden-Hilfe noch ihren Dienst antreten konnte. Aber ich weiß trotzdem, dass es die richtige EntScheidung war - also von mir - das alles genau so zu tun, wie ichs tat.

Ja - ich habs jetzt nochmals hinterfragt - das Zimmer, was ich damals "geräumt" hatte, war sein Heiligtum, sein Leben, seine Erinnerungen - keine wirklich materiellen Werte - aber für ihn ein ideeller Schatz - und ich hab ihn zu mir geholt - ich habe seinen Erinnerungen ein Platz in meinem Haus gegeben.

Mein Vater war Extrembergsteiger und Kameramann - er stand auf den höchsten Gipfeln der Welt, hatte 1958 seinen ersten 7000er erstbestiegen - war immer unterwegs - er ging auf den Schneeberg, wie andere zum einkaufen - ohne Berge war (s)ein Leben unvorstellbar.

Dann wurde er krank - hing am Sauerstoff und vegetierte 3 Jahre seines Lebens dahin - ich wusste nie, was ihn jetzt echt noch immer am Leben hielt - aber nach der Aktion mit Heiligtum und friedlich von uns gehen war es mir klar - er hatte Angst, dass seine Schätze in die Tonne gekippt würden.

Das Thema war zwar oftmals angesprochen - und ich hatte immer gesagt, wenn er mal nicht mehr ist, hole ich all seine Sachen zu mir und gebe ihnen weiter Platz in meinem Leben. Naja, langsam sollt ich dann endlich anfangen, wirklich mal durch zu schauen und aus zu misten ;-)

Was ich damit sagen möchte - als er wusste, dass seine Schätze bei mir sind, konnte er sich endlich von der Welt trennen - und ich stell mir vor - er hockt jetzt da oben irgendwo auf einer Wolke und beobachtet "seine drei Mädels".

Seit er nicht mehr lebt, hat seine Frau aber keinen wirklichen Lebenswillen mehr - er war ihr Leben - jetzt will sie zwar noch sehen, dass mir mein Haus gehört und abbezahlt ist, aber vielleicht realisiert sies ja doch noch, dass sie sich nur deswegen nicht länger quälen muss.

Oder es gibt noch ein anderes Thema, welches sie erledigen muss, bevor sie friedvoll von uns gehen kann.

Ja, ich bin realistisch - in dem Zustand, in dem sie grad ist, ist das Leben noch viel weniger lebenswert als es seins war - weil sie kann gar nichts mehr - nicht mal mehr schlucken - kann aber anscheinend auch nicht einfach friedlich einschlafen.

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