starker Mann

Paßt eben auch grad zu meinem aktuellen und akuten Thema. Nach meiner 1. Scheidung hatte ich eine heftige Krise - naja, eigentlich hatte ich sie schon vorher - und danach hab ich die Scherben meines Lebens aufgesammelt und (m)ein neues Behältnis draus gemacht.

Und dann habe ich begonnen, darüber nach zu denken, was ich gerne erreichen möchte in meinem Leben. Nach dem Konkurs der Firma, in der ich fast ein Jahr gearbeitet hatte, begann dann meine Karriere.

Es war wie im Bilderbuch. Zuerst eine von vielen in einer Verkaufsinnendienstabteilung - dann (nach einem halben Jahr) eine von zweien, allerdings für meinen eigenen Bereich - selbstverantwortlich für die ganze kaufmännische Abwicklung - nur die Preisverhandlungen führte unser gemeinsamer Chef durch.

Doch so ganz ohne EDV war es mir dann doch etwas zu unbefriedigend - und so stieß ich "zu-fällig" 1983 auf Selbsthypnose und Autosuggestionen - und begann, mir nochmals detaillierter zu überlegen, was ich wirklich möchte.

Da kamen 2 Dinge heraus - ich möchte einen EDV-Job - oder einen, wo ich mich auch viel mir EDV-Sachen beschäftigen kann - und ich möchte einen "starken Mann" an meiner Seite.

Eine eigene Wohnung hatte ich ja schon seit dem Eintritt in die damals aktuelle Firma, die vergaben Firmenwohnungen - und nach ein paar Wochen wurde zufällig eine frei - noch dazu in einer schönen Lage - fast unmittelbar am Waldrand, also durch jedes Fenster nur "grün" und Landschaft.

Und ca. 3 Wochen, nachdem ich mir überlegt hatte, dass ich einen EDV-Job möchte, fragte mich eine ehemalige Schulkollegin "im Vertrauen" ob ich das ernst gemeint hätte mit EDV - weil sie war schwanger - hatte es soeben erfahren - und wenn ich möchte, schlägt sie mich gleich als ihre Nachfolgerin vor - und voila - 2 Monate später begann ich in der EDV-Abteilung.

Fehlte nur mehr der Mann, an dessen breite Schulter ich mich anlehnen könnte - und der mich in meinen Unternehmungen unterstützen würde. Und auch der fand sich innerhalb kürzester Zeit - eigentlich war er ja schon vorher da, ich hatte ihn allerdings nicht als potentiellen Partner wahr genommen.

Einige Zeit später zog er bei mir ein. Als ich dann 2 Jahre später kündigte, konnte er anstandslos meine Firmenwohnung übernehmen - wodurch mir diese Kündigung dann natürlich auch viel leichter fiel.

Danach wurde es allerdings etwas turbulent - zumindest was den beruflichen Teil betraf - darauf möchte ich jetzt nicht genauer eingehen - aber der "starke Mann" blieb trotzdem der, wo ich dann heim kommen und mich ausheulen konnte.

1993 wurde ich dann nachhaltig arbeitslos und fand mit 35 auch nicht wirklich einen passenden - und halbwegs vernünftig bezahlten Job - also stand ich vor der Überlegung, mich jetzt voll auf das Abenteuer "Abhängigkeit von meinem Mann" ein zu lassen - und mir gleichzeitig meine eigene Firma auf zu bauen.

Es war ein Wagnis - für mich - da ich mir bei meiner 1. Scheidung geschworen hatte, mich nie wieder von einem Mann abhängig zu machen, weil für mich diese Abhängigkeit auch zu einem (automatisch aufgetretenen, da angelernten) Verhalten geführt hatte, welches mir nicht gut tat.

Doch da ich das ja erkannt hatte, dachte ich damals, würde ich ja dort hin nicht mehr absacken - und lies mich darauf ein. Es wurde eine "ausgefüllte" Zeit, ein täglicher Kampf ums Überleben, weil ich - unbewusst - eben ganz sicher nicht von meinem Mann abhängig werden wollte.

Ich schaffte es nicht ganz - also ich konnte meine Firma immer schon "selbst erhalten" - und es blieb auch noch etwas übrig für einige Extras - aber wirklich davon leben konnte ich eigentlich nicht, d.h. das tägliche Überleben sicherte mir das Einkommen meines Mannes.

Als dann aber auch diese Ehe sich dem Ende zuneigte verstärkte ich meine Bemühungen, mehr zu verdienen - um wieder "allein lebensfähig" zu sein. Die Erinnerung an die finanzielle Unabhängigkeit dieser 4 Jahre zwischen meinen beiden Partnerschaften war schon ein angenehmes Gefühl.

In dieser Zeit träumte ich dann wieder den Traum vom "starken Mann", der mich irgend ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelt, weil dies war in 2. Ehe zu dem Zeitpunkt gekippt, wo ich meinen Seminarraum eröffnet hatte.

Irgendwie war ab die "die Luft raus" - und der starke Mann hatte genug eigene Probleme in der Firma, die ihn daran hinderten, sich auch noch mit meinen Sorgen zu belasten.

In meinem Wahn, wieder allein lebensfähig zu werden - zumindest finanziell - ging ich bis über meine körperlichen Reserven - und verausgabte mich immer wieder - um nur ja endlich wirklich erfolg-&-reich zu sein.

Ganz geschafft habe ich es seither leider noch nicht wieder - noch erhalte ich meine Firma - bzw. alles, was Firmen betrifft - und es bleibt noch etwas übrig - aber das "echte Überleben" sichert mir noch immer das, was mein jetziger Mann in die Ehe mit eingebracht hat.

Allerdings habe ich jetzt beschlossen, dass ich mich nicht mehr auf den Lorbeeren anderer ausruhen möchte - und was ich vor fast 30 Jahren geschafft hatte, werde ich doch heute nochmal schaffen - ein finanziell unabhängiges und selbständiges Leben.

Was hat das alles mit einem "starken Mann" zu tun? Ich hab mir in den letzten Tagen immer wieder überlegt, was ich wirklich darunter verstehe.

Für mich ist ein "starker Mann" ein Mensch, der mit beiden Beinen fest am Boden steht, der mich dann, wenn es mir wirklich schlecht geht - einfach in den Arm nimmt und fest hält.

Ich brauche keinen Menschen, der mit mir mit leidet - sondern mir dann zur Seite steht, wenn auch ich mal wieder so tief unten bin, dass ich mir externe Hilfe wünschen würde.

Oftmals genügt eine Umarmung und vor allem, jemand, der mir zuhört, wenn ich etwas sagen möchte, was mich betrifft und bedrückt. Ein Mensch, der einfach da ist, wenn ich ihn brauche.

Ich gebs zu, ich brauche es eher selten, weil ich ziemlich viele Reserven in mir selbst zur Verfügung habe, woraus ich schöpfen kann - und auch viele Mittel kenne, mir wieder neue Kraft zu besorgen - woher auch immer - aus der Natur, aus meinen eigenen Mandalas.

Aber manchmal ist es sogar mir zu dicht und zu eng - und dann ist halt dieser "starke Mann" ganz angenehm, wobei ich zwischenzeitlich auch festgestellt habe, dass es auch gar kein Mann sein muss.

In derartigen Situationen genügt mir die Umarmung von irgend einem Menschen, der mir freiwillig etwas von seiner Kraft und Energie zur Verfügung stellt - und manchmal ist das sogar einfach nur ein virtuelle/r Bekannte/r in einem Chat - oder auch das Mit-Gefühl, welches durch ein entsprechendes EMail übersandt wird.

Was ich persönlich mit "starkem Menschen" verbinde ist ein Mensch, der genau dann, wenn es mir persönlich echt schlecht geht - einfach "für mich da ist" - und meist genügen schon 5 Minuten der Aufmerksamkeit - in welcher Form auch immer.

Eins hab ich im Laufe meines bisherigen Lebens festgestellt - was mir in derartigen Momenten am meisten weh tut ist, wenn in einem solchen Moment ein Mensch, von dem ich mir eben dieses "stark sein" erwartet hatte mich "in der Luft hängen lässt".

Oder auch - mir dann noch irgend welche Vorwürfe macht, die aus meiner Sicht absolut unbegründet sind. Kurzes Beispiel - vor ein paar Tagen im Chat, wir haben über ein ähnliches Thema wie das hier geschrieben.

Ich habe - aus meiner Sicht - einen relativ neutralen Tatsachenbericht abgeliefert und auf einmal kam die Meldung "naja, solang du dieser Person noch eine reinwürgen willst, ist da noch was zu klären".

Momentan war ich mehr als perplex, weil da war nichts von reinwürgen und sonstigen Emotionen in mir da - ganz im Gegenteil - für mich wars einfach eine nüchterne Schilderung der Zustände.

Als mir meine Chatpartnerin dann allerdings mit-teilte, dass sie das spüren würde, dass ich eben diese Empfindungen habe - übers Netz - da wurde mir dann halt mal wieder schlagartig klar, dass sie einfach ihre ureigensten Erfahrungen in meine Situation rein projezierte.

Sowas brauch ich nicht - da ist mir lieber - jemand sagt mir klipp und klar, sorry, ich kann dir nicht helfen, wennst magst, kannst dich gerne bei mir ausheulen - vielleicht wirds dir dann leichter - und mir dann einfach eine Schulter bietet, wo ich mich anlehnen - und wieder auftanken kann (real oder auch nur virtuell).

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